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Foto­graf : Hauke Arnold, © TLDA

Jung­stein­zeit­li­che Gesichtsflasche

Viele Grab­bei­ga­ben zeu­gen von den geis­ti­gen Vor­stel­lun­gen frü­her Völ­ker. So auch die Gesichts­fla­sche aus Klein­fah­ner im Land­kreis Erfurt. Kön­nen Sie das Gesicht unter dem Rand der Fla­sche ent­de­cken ? Nase, Augen und Augen­brauen tre­ten halb plas­tisch her­vor. Die untere Gesichts­hälfte bil­det ein recht­ecki­ges Feld mit halb­run­den Begren­zun­gen für die Augen und einer U‑förmigen Aus­spa­rung für die Nase. Hals, Schul­ter und Bauch der Fla­sche sind mit bän­der­för­mi­gen Mus­tern verziert.
Gefäße mit Gesichts­dar­stel­lun­gen waren vor allem in Süd­ost­eu­ropa ver­brei­tet. Dort scheint auch die Idee zu unse­rem Stück her­ge­kom­men zu sein. Die Fla­sche stammt aus einem Grab der Lini­en­band­ke­ra­mi­ker. Das Beson­dere daran ist, dass hier eine Mut­ter mit einem ganz klei­nen Kind bestat­tet war. Die Kno­chen des Babys lagen in der Nähe des Beckens und der Len­den­wir­bel­säule. Ob es vor oder kurz nach der Geburt gestor­ben war, wis­sen wir nicht.
Außer der Gesichts­fla­sche lagen ein halb­mond­för­mi­ger Anhän­ger aus der Spon­dylus­mu­schel und ein Rot­ei­sen­erz­bro­cken mit im Grab.
Die Gesichts­fla­sche hatte offen­bar im Frucht­bar­keits­kult eine Rolle gespielt, denn sie stellt die Gesichts­züge einer Frau dar. Dass sie einer wer­den­den Mut­ter mit ins Grab gege­ben wurde, war viel­leicht Aus­druck der Ohn­macht des Men­schen gegen­über dem Tod. Oder ein Opfer an die Göt­ter, denn das Gefäß war durch eine Muschel­kalk­platte ver­mut­lich bewusst zer­stört wor­den. Nah­rungs­mit­tel für den Weg ins Jen­seits waren darin jeden­falls nicht aufbewahrt.

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